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Andreas Winkelmann
Hast du Zeit
Meisterhaft erzählt mit einem nachdenkenswerten Thema
Diese Frage wird uns allen oftmals gestellt: Hast du Zeit? „Na klar“, sagt man oder „morgen vielleicht“ oder „nee, ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht“ usw. Zeit als Thema für einen außerordentlich spannenden Thriller zu wählen, hat durchaus auch etwas Philosophisches, Vieldeutiges. Auf jeden Fall ist es reizvoll, darüber nachzudenken, was oder wer uns Zeit stiehlt. Können wir uns dagegen wehren? Oder verrinnt sie ganz einfach, egal was wir tun? Können wir Zeit überhaupt „besitzen“? Andreas Winkelmann, für mich einer der aufregendsten Thriller-Autoren, hat einen Protagonisten in Szene gesetzt, der alles daran setzt, genau an den Menschen, die ihm Zeit gestohlen haben, Rache zu üben auf schlimmste Weise. Diese Hauptperson hat sich selbst eine unermesslich große Aufgabe gestellt, denn es finden sich immer neue Zeitdiebe, deren Bestrafung unvermeidbar ist. Doch welch frühe Erlebnisse machen einen durchschnittlichen Menschen zum Serienmörder mit einem überdimensional großen Sendungsbewusstsein, diesen Zeitdieben der Welt eine tödliche Lehre zu erteilen?
Vor mehreren Jahren wartet Maren Liefers, eine Bestatterin, auf Kundschaft. Denn ihr Geschäft geht nur schleppend. Bis sie unerwarteten Besuch erhält… Jahre später fühlt sich die Krankenschwester Conny Goldmann angstvoll verfolgt. Der Vater ihrer besten Freundin Lars Erik Grotheer, ehemaliger Polizist, will ihr helfen. Doch Conny ist völlig überraschend tot. Kurze Zeit später wird die Schornsteinfegerin Felicitas Möller entführt und verschwindet spurlos. Deren Partnerin, die Fotografin Lilly Costanzo, versucht gemeinsam mit Grotheer, der seltsamen Serie von Todesfällen und der verschwundenen Felicitas Möller, auf die Spur zu kommen. Denn sie entdecken eine ganze Reihe unaufgeklärter Todesfälle, die nichts, aber auch gar nichts, miteinander zu tun haben.
Als Leser ist man von der ersten Seite an, wie gewohnt bei Winkelmann, gefesselt von der Geschichte, die aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt wird. Besonders faszinierend sind dabei die Sequenzen, in denen man den kruden Gedanken des Täters folgen kann und die im Verlaufe des Buches zunehmend die Persönlichkeit des Täters in seiner Tiefe aufdecken. Lange bleibt dennoch vorherrschend das Gefühl der Verwirrung, weil man trotz vielfältiger Ermittlungsschritte und aufmerksamster Lektüre den roten Faden nicht entdecken kann, der zum Täter führen könnte. Statt dessen gerät man beim Lesen immer wieder in komische Verständnisprobleme, weil der Hund namens Jemand zwar herrlich geschildert wird, aber durch seinen Namen die Lektüre seltsam komisch wird.
Fazit: Ein meisterhaft erzählter, nervenaufreibender Thriller mit einer Prise Humor, der zum Nachdenken über die Zeit animiert.