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Julie Leuze
Das Glück an meinen Fingerspitzen
· Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
· Verlag: Ravensburger Buchverlag
· ISBN-13: 978-3473401666
· Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 14 Jahren
Weg von der Opfer-Haltung
Auch als älteres Semester lese ich gerne ab und zu einen Jugendroman, werde oftmals allerdings abgeschreckt von einem hässlichen, der Jugend sich anbiedernden, gruselig schlechten Deutsch. Wie anders hier im vorliegenden Buch: Julie Leuze erzählt eindringlich, bildhaft, in ihren Naturbeschreibungen oftmals fast poetisch schön. Eine Wohltat für jeden Liebhaber gepflegter Sprache. So schön wie der Schreibstil der Autorin, so schön ist auch das Äußere des Buches. Die Covergestaltung und die Haptik des Buchäußeren sind sehr, sehr ansprechend.
Worum geht es? Auf einer Insel im Pazifik, ohne jeglichen Kontakt zur Außenwelt, treffen zwei Menschen aufeinander, die aufgrund von traumatischen Vorerfahrungen das Vertrauen zu sich selbst und zu ihrer Umwelt verloren haben. Jana aus Deutschland besucht ihren Onkel in der kanadischen Wildnis. Der allerdings verschwindet plötzlich spurlos und Jana bleibt sich selbst überlassen, bis plötzlich ein verletzter junger Mann, Luke, vor der Blockhütte auftaucht. Um zu überleben, müssen sie sich überwinden und sich gemeinsam auf einen langen, beschwerlichen und gefahrvollen Weg durch völlig unberührte Natur machen, Jana voller Angst und Misstrauen, Luke verschlossen, abweisend, auch körperlich schwerer verletzt als gedacht. Doch der Überlebenswille ist stärker und beide wachsen über sich hinaus.
Es wird aus wechselnden Perspektiven erzählt, wodurch man sowohl Jana als auch Luke sehr intensiv kennenlernt. Geschickt lässt die Autorin durch Rückblenden die Vorgeschichten der beiden jungen Menschen erst so nach und nach klarer werden, was einen zusätzlichen Spannungseffekt bietet. Sehr, sehr gut gefallen haben mir die Beschreibungen der unberührten Natur Kanadas, die nicht nur sonnige oder gar romantische Idylle bietet, sondern auch reale Gefahren für Leib und Leben. Die beiden Protagonisten sind sympathisch und psychologisch stimmig ausgearbeitet. Durch die ernsten Hintergrundthemen wird das Buch an keiner Stelle kitschig, besonders da auch immer wieder ein wenig Humor hervorblitzt, auch wenn es sehr viel um Gefühle geht.
Einzig enttäuschend war das Ende des Buches, das sehr überhastet und gewaltsam verkürzt
daherkam. Das passte so ganz und gar nicht zur vorherigen feinen Erzählweise. Dennoch bleibt in der Summe mein Fazit, dass es sich um ein sehr lesenswertes Jugendbuch handelt, spannend erzählt,
leicht und gut zu lesen, dennoch mit Tiefgang und Ernsthaftigkeit und mit einem absolut wichtigen Lebensmotto: weg vom passiven Opfer-Sein hin zum selbstgestalteten aktiven
Leben.